Das Thema Prostitution erhält meist kaum bis keine mediale Aufmerksamkeit. Doch wenn von dem Fall Strauss-Kahns, der ehemalige IWF-Chef, der wegen versuchter Vergewaltigung an einer New Yorker Hotelangestellten vor dem Gericht steht berichtet wird, ist das Thema gar nicht so fern. Und auch wenn wir vom "Sex-Skandal" Berlusconis sprechen, steht dir Frage nach der Legalisierung im Raum. Dabei stehen beide Fälle im scharfen Gegensatz:
Hätte Strauss-Kahn die Hotelangestellte nicht "angebaggert", wenn Prostitution in New York legal gewesen wäre und er somit ein Bordell hätte aufsuchen können?
Hätte Berlusconi nicht Geschlechtsverkehr mit eine Minderjährigen gehabt, wenn Prostitution in Italien streng verboten (gewesen) wäre?
Konter zum Ersten: Ist eine Vergewaltigung in einem Bordell ausgeschlossen? Gibt es Vergewaltigungen nicht auch in Ländern, in denen Prostitution legal ist? Muss ein Mann immer seinen Trieben nach gehen und verliert er dabei nicht jeglichen Anstand? Gibt es in New York nicht die Möglichkeit über Kontaktvermittlungen eine "Frau für den Abend" (sog. Call-Girls) zu finden? Was ist mit Seitensprungagenturen, One Night Stands u. ähnl.?
Konter zum Zweiten: Ist Berlusconis Tat nicht streng verboten, also illegal? Was nützt also ein generelles Verbot, wenn diese Tat nicht umschlossen wird, da sie ja bereits illegal ist? Den Fall betreffend: Hat er überhaupt gewusst, dass sie minderjährig war? War es nicht sogar ihre Absicht?
Diese beiden interessanten Fragen will ich nicht näher erörtern, denn so begibt man sich nur ins Reich der Spekulationen. Was diese beiden Personen angetrieben hat, diese Straftaten zu begehen, wird zur Zeit keiner sicher beurteilen können. Bei beiden Fällen steht der gerichtliche Prozess noch aus und es bleibt abzuwarten, wie dieser ausgeht.
Zurück also zur Frage: Sollte Prostitution legal oder illegal sein?
In Deutschland ist die Prostitution seit 2002 mit dem Prostitutionsgesetz (ProstG) offiziell als Beruf anerkannt. Für viele mag es verrückt klingen, dass Prostitution seitdem als Dienstleistung zählt und sich Prostituierte als Selbstständige bei Behörden anmelden können und sich damit auch sozialversichern können. Doch was spricht eigentlich dagegen?
In den Vereinigten Staaten ist Prostitution seit jeher illegal. Nur in Nevada gibt es eine beschauliche Zahl von 28 legalen Bordells (Quelle: Wikipedia, Stand: Juni 2008). Das bedeutet allerdings nicht, dass es in den übrigen 49 Staaten keine Prostitution gibt. Illegal gibt es sich sicherlich, auch wenn gegen sie mit allen Mitteln gekämpft wird. Viele angebliche Escortservices entpuppen sich bei näherer Betrachtung als Prostituiertenvermittlung, zumindest scheint es so. Und wen wundert es, dass die meisten Pornoseiten mit .com enden, wo der Amerikaner doch angeblich ganz konservativ gegenüber dem "freien Sex" ist? Wie auch immer, jedenfalls ist Prostitution mit Ausnahme des einen Staates strickt verboten, ein generelles "Tabu" in der Gesellschaft. Wie rechtfertigt der Amerikaner das Verbot? Was sind seine Argumente gegen Prostitution?
Generell frage ich mich immer: Warum soll etwas verboten werden? Nicht nur aus dem Grund, da ein gesetzliches Tabu noch lange nicht den Riegel vor etwas schieben kann, sondern einfach weil es aus meiner Sicht immer gewichtige Gründe gegen etwas geben muss, wenn es denn verboten werden soll. Schauen wir also auf die Liste der Argumente von einer amerikanischen Website namens askville mit dem "deutschen" Blick:
1. Prostitution will lead men to stay single and never marry or cheat on their wives if they are married.
Dieses Argument enthält folgende These: Im Fall einer Legalisierung der Prostitution, verlieren die Männer das Interesse an einer Beziehung und fokussieren sich nur noch auf sexuellen Kontakt mit dem weiblichen Geschlecht. Ist das richtig? Wohl kaum. Komerzieller Sex ist mit Liebe nicht gleichzustellen, denn es ist nicht das gleiche. Die Motive bzw. der "Reiz" der Eheschließung ist nicht ein Höhepunkt sexueller Begierde (wobei diese in Einzelfällen auch eine Rolle spielen könnte), sondern die Liebe selbst. Das Männer nicht mehr an Beziehungen interessiert sind, wenn sie die Möglichkeit haben ein Bordell aufzusuchen, irsinning und wird nicht belegt werden können.
Doch selbst wenn es stimmen sollte, was wäre schon dabei? Entscheidend für einen Staat ist nicht die Eheschließung, sondern das, was daraus "entspringt"! Wir heben keine Heiratsstatistiken hervor, die Geburtenkontrolle ist das Schlagwort. Und das der Kinderwunsch in Deutschland erlahmt kann wohl kaum Ursache der Prostitution sein.
Prostution verstärkt kaum das Fremdgehen. Ein "Seitensprung" ist auch ohne Bordell möglich, warum also ein Verbot? Unbeachtet die Frage, ob das überhaupt unmoralisch ist und wie fern es einer Beziehung schadet, bleibt immer noch die Tatsache, dass ein Bordellbesuch eine bewusste Entscheidung bzw. Fremdgehen ist und es überwiegend eher auf öffentlichen Veranstaltungen mit neuen Kontakten "passiert". Für die verheiratete Frau ist das sicher nicht angenehm, aber die Prostitution kann sie dafür nicht verantwortlich machen.
2. Prostitutes spread sexually transmitted diseases.
Jede Prostituierte ist an ihrem Gesundheitszustand interessiert und achtet darauf, nicht nur um lange ihren Beruf auszuüben. Wir leben in einer aufgeklärten Gesellschaft und Aids ist kein Fremdwort! Durch jeden ungeschützten sexuellen Kontakt ist eine Krankheitsübertragung möglich. Soll deshalb etwa, um all dem vorzubeugen, Sex generell verboten werden?
3. Prostitution degrades women.
Fragt man eine Prostituierte ob sie sich erniedrigt fühlt, so wird sie sicher verneinen oder einfach nur lächeln. Denn das, was sie tut enstpricht ihrem Berufswunsch, so kurios es auch klingen mag. Prostituierte haben für ihre Berufs- und Gewerbefreiheit mit sog. "Hurenrechtlern" um die Anerkennung ihrer Dienstleistung als Beruf gekämpft! Die betroffenen Personen haben sich erniedrigt gefühlt, das hat sich jetzt geändert. In wie fern soll Prostitution nun ein Rückschritt sein, in die Zeit vor der Emanzipation? Wäre das Verbot nicht ein Rückschritt, in die Zeit vor der Anerkennung? Ist das Gesetz nicht Teil der Emanzipation, da es zugleich Ausbeutung vorbeugen will?
Warum überhaupt sollte es Frauen erniedrigen? Schließlich sind immer noch 5% der Prostuierten in Deutschland männlich! Wenn das männliche Geschlecht vertreten ist (wenn auch nur in geringer Zahl) dann kann es doch allerhöchstens als menschliche Erniedrigung gelten. Eine Frage der Moral, die jeder für sich selbst beantworten soll. Wer es für unmoralisch hält, ist zu nichts gezwungen.
4. Many prostitutes are under age, foreigners entrapped and forced into brothels or physically coerced into this life.
Tatsächlich werden Menschen zur Prostitution gezwungen. Und das auch heute noch. Dagegen wird in Deutschland jedoch viel unternommen. Initiativen gegen Loverboys, Beratungsstellen und Polizeirazzien bei einem Verdacht der Zwangsprostitution. Zwangsprostitution gilt als schwere Straftat und wird dementsprechend geahndet. Sexuelle Handlungen mit Minderjährigen droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 5 Jahren. Das Gesetz warnt und schreckt ab, es soll gegen kriminelle Begleiterscheinungen der Prostitution wirken. Das war eines der Ziele bei der Schaffung der Prostitutionsgesetzes. Die Legalisierung hat also zur Klärung der Rechte beigetragen und zu mehr Aufmerksamkeit bei Missbrauch und Ähnlichem. Auch setzte man sich als Ziel, den Ausstieg aus der Prostitution zu erleichtern. Es ist wurde kein Schlüssel zum Tor geschenkt, sondern die Hintertür geöffnet! So heißt es in dem Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG) wörtlich (Zitat):
"(..) Befürchtungen, die teilweise mit dem ProstG verknüpft wurden, haben sich nicht bewahrheitet, insbesondere nicht im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. Eine Erschwernis der Verfolgung von Menschenhandel, Zwangsprostitution und anderen gewaltförmigen Auswüchsen der Prostitution ist durch das Prostitutionsgesetz nicht eingetreten. Da mit dem Prostitutionsgesetz lediglich ein sehr begrenzter Regelungsansatz gewählt wurde, konnte im Hinblick auf die mit dem Prostitutionsgesetz intendierten Ziele der Zurückdrängung der Begleitkriminalität, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Erleichterung des Ausstiegs und der Erzielung einer größeren Transparenz des Rotlichtsmilieus durch das Prostitutionsgesetz auch tatsächlich nur ein erster Schritt getan werden. (...)"
Minderjährigenprostitution ist nicht zu unterschätzen, bleibt aber eine Randerscheinung. Sie wird es mit oder ohne generelle Legalisierung immer geben. In direktem Zusammenhang können wir aber jeglichen Missbrauch nicht bringen.
An dieser Stelle bringe ich immer gerne das Nutzen-Risiko-Argument: Alles, was wir nutzen, kann missbraucht werden oder birgt eine mögliche Gefahr. Wenn man denn so will, sind alle Fahrzeuge ernstzunehmende Gefahren für Mensch und Tier. Der Nutzen aber lässt uns ein Verbot nie in Frage stellen. Die Aufgabe lautet nun, Gefahren möglichst zu entgegenen, in dem konkreten Beispiel also z.B. Fahrzeuge so perfektionieren, dass die Unfallquote gering bleibt. Als "Unfall" wäre hier ein Missbrauch zu klassifizieren.
5. It´s immoral.
Unmoralisch. Was ist überhaupt Moral? Wikipedia dazu (Zitat):
"Der deutsche Ausdruck „Moral“ geht über das französische morale auf das lateinische moralis (die Sitte betreffend; lat: mos, mores Sitte, Sitten) zurück, das im von Cicero neugeprägten Ausdruck philosophia moralis als Übersetzung von êthikê verwendet wird.
Moral beschreibt demnach, wie Menschen faktisch handeln und zu Handeln erwarten oder auch, was sie dabei faktisch für richtig halten."
Die Frage nach der Moral ist nicht einheitlich zu beantworten. Eigentlich gibt es sie gar nicht, die richtige Antwort. Denn jedes Individuum handelt so, wie es für richtig hält. Ich könnte nun einen langen philosophischen Exkurs machen, doch möchte ich mich lieber kurz fassen und meine Auffasung äußern: Ob Prostitution moralisch ist oder nicht, soll jeder für sich selbst entscheiden. Niemand wird gezwungen, sich damit zu beschäftigen bzw. niemand wird mit Prostitution "konfrontiert", wenn er nicht will und sofern er nicht bewusst danach sucht. Der Gesetzgeber hält es für moralisch vertretbar und das kann auch gut nachvollzogen werden. Was ist schlimm, wenn sich eine Person für den Sex gegen Geld entscheidet? Niemand kommt dabei zu schaden, sofern es nach den gesetzlichen Regelungen abläuft. Und es entspricht dem Willen der jeweiligen Personen. Unmoralisch und nicht vertretbar wäre bsp. Gewalt. Hier ist das Resultat ein Gewinner und ein Verlierer. Und der Verlierer stellt zugleich das Opfer dar. Das wäre also nicht vertretbar.
6. Pimps exploit prostitutes.
Auch hier ein kurzer Verweis auf das Gesetz: Nach §181a ist Zuhälterrei illegal, wenn eine Person, die der Prostitution nachgeht, ausgebeutet wird und/oder wenn eine Person, die der Prostitution nachgeht, bei der Ausübung überwacht oder Ort und Zeit vorgegeben wird oder Maßnahmen ergriffen werden, die die betreffende Person am Ausstieg aus der Prostitution hindern sollen. Dem Zuhälter droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein gesetzliches "Schlupfloch" gibt es nicht. Eine Ausbeutung ist somit, sofern es gesetzesgemäß abläuft, ausgeschlossen.
7. The prostitutes, their customers and society are all being harmed.
Verletzung der Gesellschaft? Dass Prostituierte und Kunde sich in der Gefahr der Krankheitsübertragung befinden, diese jedoch mit einfachen Mitteln gänzlich beseitigen können, ist bekannt (s. 2). In wie fern soll aber die gesamte außenstehende Gesellschaft verletzt werden? Niemand erleidet hier irgendeinen Schaden!
8. Makes sex crimes more likely.
Das kann auch von einfacher Pornographie behauptet werden. Doch der Unterschied ist offensichtlich. Wirkt die Legalisierung nicht gerade eben gegen diese Missbrauchsfälle, als Alternative zum Missbrauch?
Bei allem "Schlechten" wie Mord und Missbrauch neigen wir immer zur Suche nach dem Sündenbock, anstatt den einzelnen Fall genauer zu untersuchen und dort die eigentlichen Urachen zu finden. Als Ursache von Amokläufen wird bis heute immer das "Killerspiel" (Ego-Shooter) genannt. Das geht sogar so weit, dass Einige auch die Ansicht vertreten, MP3-Player und Mode würden zu Problemen bezüglich der Klassengemeinschaft an Schulen führen, da sie finanzielle Ungleichheit klar aufzeigen. Wie dem auch sei, Missbrauch wäre auch ohne Legalisierung nicht ausgeschlossen.
9. Discourages women from joining the industry.
In wie fern soll es Frauen von anderen Berufen abhalten? Es wird ihnen die Möglichkeit gegeben einzusteigen, aber sie haben auch die Möglichkeit, wieder auszusteigen. Außerdem halte ich es für unwahrscheinlich, dass Prostituierte potienzielle Arbeitnehmer in Fachbranchen sind. Ich möchte keine Klischees aufstellen, aber handelt es sich hierbei nicht eher um eine ungebildete Menschen? Was würden diese tun, wenn sie nicht die Möglichkeit hätten, ihre "Dienstleistung" anzubieten? Wären sie dann nicht arbeitslos? Frauen, die sich als Ziel setzen, in der Industrie zu arbeiten, wird die Tatsache, dass Prostitution als Beruf anerkannt wird, nicht davon abhalten, ihr Ziel weiter zu verfolgen. Die Industrie "verliert" keine Arbeitnehmer an die Prostitution.
Fazit: Prostitution - gut oder schlecht? Eine schwer zu beantwortende Frage. Wirkliche Argumente gegen die Prostitution gibt es allerdings nicht. Warum also keine Legalisierung?
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